Treppenkörper in Beton
Renovation Schloss Rapperswil
Das Schloss Rapperswil wurde Ende 2024 nach einer Renovierung wiedereröffnet. Park Arch erhielten die historischen Strukturen und gestalteten neue Einbauten im Hof. Vor allem aber bildet nun eine monumentale Betontreppe das Kernstück der Erschliessung.
Vogt Rudolf von Rapperswil würde über die neue, mächtige Betontreppe im Palas seines Schlosses staunen. Die Anlage wurde von Park Arch renoviert und 2024 wiedereröffnet. An einem der drei Ecktürme befindet sich die monolithisch gestaltete Treppenskulptur. In ihrer Präsenz steht sie den steinernen Burgmauern in nichts nach. Gleichzeitig bringt sie mit ihrer eigenständigen und körperhaften Form eine verjüngende Stil-Dissonanz mit sich.
Von den Obergeschossen aus blickt man durch die Fenster über den See, den Lindenhof, das nahe Kloster und die Dächer der Stadt. Der Vogt wollte mit dem Bauwerk auf einer Seitenmoräne des Linthgletschers seine Schwyzer Gegenspieler auf der gegenüberliegenden Seeseite auf Distanz halten. Diese Ansage spürt man bis heute.
Gewachsener Organismus
Es ist eine ungewöhnliche Aufgabe, eine fast 1000-jährige Burg umzubauen. Mit den vielen Veränderungen während dieser Zeit wandelte sich auch die Bezeichnung von Burg zu Schloss Rapperswil. Heute befindet sich das Museum zur Geschichte des Gebäudes darin und es werden verschiedene Räume für Anlässe vermietet.
Markus Lüscher von Park Arch erinnert sich an die erste Besichtigung. Es gab Einbauten, die aussahen wie aus den 1950er-Jahren. Später entpuppten sie sich als Interventionen aus den 1980ern. Dann gab es an mehreren Orten sorgfältige Umbauten des Grafen Wladyslaw Plater, der im 19. Jahrhundert das polnische Nationalmuseum in das Schloss verlegte. Er pachtete den Bau von der Stadt für 99 Jahre.
Natur als Referenz
Dem Projekt der Architekten liegen verschiedene Referenzen zugrunde. Zum einen war die Arbeit von Aurelio Galfetti aus dem Jahr 1981 formal prägend. Dem mittelalterlichen Castel Grande in Bellinzona fügte er eine geometrische Grossform aus Beton ein. Zum anderen bestimmte die Vertikalität, die das Bauwerk mit seinen Türmen über den See hervorhebt, den Entwurf. Der Weg vom See führt aufwärts über den Fischmarkt, den leicht geneigten Hauptplatz, die Treppenanlage aus dem 19. Jahrhundert, entlang der Südwand zum Lindenhügel und von dort in den Innenhof.
Eine weitere Assoziation stammt aus der Natur – genauer aus der vom Linthgletscher geprägten Landschaft. Ein leicht geknickter, durchlaufender Lichtschacht, den die Architekten zwischen den beiden Liftschächten liessen, erinnert an tiefe Gletscherspalten, die Treppen an Gletschermühlen.
Lebendiges Denkmal
Das Schloss steht im nationalen Inventar schützenswerter Kulturgüter. Es bedurfte der Unterstützung der Bauherrschaft und der Denkmalpflege, um die architektonischen Ideen und damit die Eingriffe in die Substanz umzusetzen. Die Ortsgemeinde Rapperswil als Bauherrschaft bewilligte, dass im nordöstlichen Vorhof zum Turm innerhalb des Wohnteils der weisse Verputz von den Burgmauern gekratzt wurde, um die Bruchsteine darunter zu zeigen. Das machte die Spuren vieler Eingriffe und Reparaturen sichtbar. Alle Fenster in der Erschliessungszone sind neu – und von jedem aus hat man einen anderen Blick.
Moritz Flury von der Denkmalpflege kam dem Architekturkonzept entgegen, indem er das Oberlicht zwischen den beiden Liften genehmigte, von dem nun durch einen Schacht Tageslicht in die Tiefe fällt.
Schächte und Treppen
Die neue Haupttreppe, die Podeste und Liftschächte sind räumlich und materiell in die enge Vorzone des Turms eingepasst. Die Oberflächen des einheitlichen Betons sind je nach Bauteil unterschiedlich bearbeitet. Die gestockte Betontreppe und die schalungsglatten Liftschächte bilden zusammen mit den rohen Bruchsteinwänden des alten Gemäuers eine Variation an unterschiedlichen Gesteinsoberflächen.
Im Schnitt ist der Schacht des Warenlifts senkrecht und jener des Personenlifts aus anschlusstechnischen Gründen leicht geneigt. Auch die Treppenläufe sind ungleich, denn Vorgaben wie Stockwerkhöhe sowie Anfang und Ende der Treppenläufe waren unterschiedlich. Dennoch musste die 1.2 m breite Fluchttreppe regelmässige Stufen aufweisen. So sind nur die Treppenwangen etwas abgedreht. Die geringen Abstände zwischen den Brüstungen und den Schlosswänden liessen nur wenig Spielraum und machten präzise Schalung nötig.
Eine neue Stahltreppe, die zwischen die Aussenmauer des Wohnhauses und einen Turm gespannt ist, dient ebenfalls als Fluchttreppe. Sie verbindet den Güglerturm, von dem aus früher ein Wachmann Ausschau hielt, mit der Ausstellung. Im dritten Turm fand man in einer Maueröffnung ein Mausoleum für einen polnischen Nationalhelden mit Malereien aus dem 20. Jahrhundert.
Das Schloss Rapperswil ist mit dieser Renovierung endlich öffentlich zugänglich und feiert dies mit einer Ausstellung sowie dieser eindrucksvollen Erschliessung durch das Gebäude.
Renovation / Einbauten Schloss Rapperswil
Bauherrschaft
Ortsgemeinde Rapperswil-Jona
Architektur / Baumanagement
Park Arch und Ursprung, Jaeger, Coneco, Zürich
Landschaft
Vogt Landschaftsarchitekten, Zürich
Statik
Ulaga Weiss, Basel
Brandschutz
Makiol Wiederkehr, Beinwil a.S.
Gebäudetechnik
Wirkungsgrad Ingenieure, Rapperswil
Elektroplanung
Mati, Adliswil
Bauphysik
Kopitsis Bauphysik, Wohlen
Baumeister
Bernet Bau, Gomiswald
Metallbau
Baur Metallbau, Mettmenstetten
Aufzüge
EMCH Aufzüge, Bern
Kosten, BKP 2
13.9 Mio. Franken
Geschossfläche (SIA 416)
3470 m2
Fertigstellung
2024