Kom­men­tar zum Raum­kon­zept Schweiz 2050

Das Raumkonzept Schweiz 2050 ist eine gemeinsame Vision für die räumliche Entwicklung des Landes. Ziel ist es, vorausschauend auf aktuelle Herausforderungen wie Klimawandel, Bevölkerungswachstum, Biodiversitätsverlust und wirtschaftlichen Wandel zu reagieren. Was aber fehlt, sind Aussagen zu Prioritäten und Verantwortung.

Publikationsdatum
10-07-2025

Das Raumkonzept Schweiz, dessen neuste Version derzeit im Entwurf vorliegt, formuliert eine Vision der räumlichen Ziele der Schweizer Raumplanung im Zeithorizont 2050. Es baut auf dem Raumkonzept von 2012 auf und passt es an die aktuellen Entwicklungen an. Die wichtigsten Stichworte dazu sind: Klimawandel, Verlust an Biodiversität, demografischer Wandel und Bevölkerungswachstum.

Die Leitidee des Raumkonzepts ist eine vielfältige Schweiz, die allen Raum bietet, sich gesellschaftlich und wirtschaftlich zu entfalten. Dazu definiert es sechs Ziele und drei Strategien für zwölf Handlungsräume (siehe Infokasten).

Schutz der Ressource «Boden»

Die Hauptaufgabe der Raumplanung bleibt der Schutz der Ressource Boden. Die Strategien und Ziele des Raumkonzepts zur nachhaltigen Bodennutzung sind deshalb zentral. So wird das Ziel, die «natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft zu sichern», sowie die Strategie, «natürliche Lebensgrundlagen sowie eine hohe landschaftliche und bauliche Qualität dauerhaft sichern», besonders hervorgehoben.1

Metropolitanraum Zürich

Die zentrale Rolle der Natur wird etwa im Metropolitanraum Zürich folgendermassen ausgeführt: «In der Landschaft stehen Erholung, Förderung der Biodiversität und die landschaftliche Aufwertung im Fokus. Die Weiterentwicklung der ökologischen Infrastruktur vernetzt die heutigen Naturschutzgebiete und stärkt die Biodiversität im gesamten Raum. […] Ein weiteres Wachstum der Siedlungen in die freie Landschaft ist zu vermeiden. Damit bleiben zwischen den Dörfern markante grüne Zäsuren bestehen.»2

Regionale Eigenheiten, typische Muster, Baustile und landschaftliche Qualitäten prägen das Bauen ausserhalb der Bauzone. Für die ökologische Infrastruktur sind die notwendigen Flächen auszudehnen und unbebaute Landschaftskammern zu erhalten. In den Naturlandschaften – als «Hort der Biodiversität und natürlicher Lebensräume im Metropolitanraum» – soll künftig «kein quantitatives Wachstum mehr stattfinden» .2

Unklar, wie Ziele zu erreichen sind

Im Metropolitanraum Zürich wird eine Fülle differenzierter, qualitativer Aussagen bezüglich künftiger Bodennutzungen gemacht, die aber letztlich auf die Programmebene beschränkt bleiben. Wie diese Ziele zu erreichen wären – mit welchen planerischen Mitteln, in welcher Priorisierung, mit welchem politischen Lead – bleibt ungeklärt.

Raumkonzept Schweiz 2050


Sechs Ziele: 

  1. Vielfältige, attraktive Räume prägen das Land. Der Zusammenhalt zwischen den Regionen und in der Gesellschaft ist stark.
  2. Die Schweiz ist im Innern und nach aussen vernetzt. 
  3. Die natürlichen Lebensgrundlagen sind gesichert. 
  4. Die Räume sind funktionsfähig und klimaangepasst. 
  5. Mobilität und Energieversorgung sind effizient, umwelt- und klimaverträglich. 
  6. Die Raumnutzung ist innovativ, ressourcenschonend und unterstützt einen nachhaltigen Lebensstil.

 

Drei Strategien: 

  1. Stärkung der Polyzentralität und Kooperation in der Raumentwicklung.
  2. Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen sowie einer hohen landschaftlichen und baulichen Qualität.
  3. Räume für Wachstum von Bevölkerung, Wirtschaft, Mobilität und Energie gezielt und bedarfsgerecht ausbauen sowie umwelt- und klimagerecht gestalten.


Zwölf Handlungsräume: 

  1. Metropolitanraum Zürich
  2. Trinationaler Metropolitanraum Basel
  3. Luzern 
  4. Città Ticino
  5. Arc jurassien
  6. Aareland 
  7. Internationaler Bodenseeraum
  8. Alpine Handlungsräume 
  9. Gotthard
  10. Westalpen
  11. Espace métropolitain lémanique transfrontalier
  12. Ostalpen

Trinationaler Metropolitanraum Basel

Auch im Trinationalen Metropolitanraum Basel werden die Natur- und Naherholungsräumen als wichtige Standortfaktoren genannt: «Die für den Metropolitanraum prägende und identitätsstiftende Rheinlandschaft ist als vielfältiger, stadtnaher und zugänglicher Landschaftsraum zu gestalten, erlebbar zu machen und ökologisch zu vernetzen. Zusammen mit den weiteren flussgeprägten Landschaften ist sie als wichtige Vernetzungsachse, Lebens- und Erholungsraum gezielt aufzuwerten. […] Die zusammenhängenden Landwirtschafts-, Wald- und Naturgebiete in den drei Ländern sind vor Zersiedlung und Übernutzung zu bewahren.»3

Forderungen ohne Verantwortliche

Einige programmatische Aussagen zu den wichtigen Lebensräumen und den Qualitäten der Rheinlandschaft werden mit Forderungen nach Vernetzung, Aufwertung und Erhalt verknüpft. Doch auch hier werden die Ziele nicht konkret adressiert und bleiben ohne Verbindung zu Planungsinstrumenten oder politischen Akteuren. Wie die mehrfach erwähnte Standortqualität effektiv verbessert werden kann, bleibt offen.

Statt alles unter einem Hut…

Diese Offenheit der Strategien und Ziele aus den beiden Handlungsräumen scheint symptomatisch für grosse Teile des Raumkonzepts. Wünsche nach räumlicher Verdichtung, alternativer Energieproduktion, Aufwertung der Biodiversität und Ausbau der Infrastruktur stehen unvermittelt nebeneinander. Die zentrale Frage, wie diese Forderungen und Wünsche unter einen Hut beziehungsweise in einen Raum gebracht werden sollen, bleibt offen. Damit verfehlt das Raumkonzept seinen Anspruch, das Zukunftsbild für die Raumentwicklung zu sein, bisher deutlich.

… Prioritäten setzen!

Zu klären ist insbesondere, was bezüglich der Raumnutzung Priorität haben soll, was in den künftigen Raumplänen zwingend berücksichtigt werden muss, welche Akteure im Lead sein sollen und wer im Konfliktfall die divergierenden Interessen abwägen soll. Es ist zu hoffen, dass der Bund – insbesondere das ARE – in der jetzt angelaufenen Überarbeitungsphase bis 2026 klare Umsetzungsvorgaben formulieren wird und aufzeigt, wie die Ziele des Raumkonzepts Schweiz bis 2050 erreicht werden sollen.

Weitere Infos: 
raumkonzept-schweiz.ch

Anmerkungen:

¹ Schweizerischer Bundesrat, KdK, BPUK, SSV, SGV, «Raumkonzept Schweiz, Konsultationsfassung», 2024, S. 3. 
Ebd., S. 4.
3 Ebd., S. 5.

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