Initialzündung im Stadtumbau
Neubau Wohnhochhaus Rankstrasse, Basel
Für ein Wohnhochhaus auf dem Areal der Busgarage Rank schrieb der Kanton Basel-Stadt einen Wettbewerb aus. Das Siegerprojekt «Miranda» übersteigt die Erwartungen bezüglich Ausnutzung und Volumen. Der 88 m hohe Neubau soll nach ökologischen und sozial nachhaltigen Gesichtspunkten realisiert werden.
Neubau Wohnhochhaus Rankstrasse, Basel
Projektwettbewerb im selektiven Verfahren
Die Anzahl Neubauwohnungen im Kanton Basel-Stadt sank 2024 auf den tiefsten Stand seit 2007. Zeitgleich stieg die Nachfrage nach Wohnungen, wodurch die Situation für Wohnungssuchende zunehmend angespannt ist. Aus diesem Grund engagiert sich Immobilien Basel-Stadt (IBS) auf verschiedenen Ebenen für die Schaffung von Wohnraum, besonders im preisgünstigen Segment. Im Rahmen des Wohnbauprogramms 1000+ will der Kanton bis 2035 über 1000 preisgünstige Wohnungen in Eigeninvestition erstellen. Diese werden teilweise nach dem Modell Mietvertrag Plus vermietet: Dabei wird die Reduktion der Marktmiete an diverse Vorgaben wie Personenbelegung und Einkommen geknüpft.
Das kürzlich entschiedene Wettbewerbsprojekt für ein neues Wohnhochhaus an der Rankstrasse im Osten von Basel ist Teil dieser Strategie. In diesem Gebiet ist die Bebauungsstruktur äusserst heterogen: Neben einer kleinteiligen Freizeitgartenanlage, die sich zwischen den Gleisen des nahe gelegenen Badischen Bahnhofs und der Grenzacherstrasse aufspannt, bilden sowohl die Bahndämme als auch die Ausfallstrasse nach Deutschland Barrieren zwischen den benachbarten Wohngebieten Rheinacker und Landauer sowie dem nahe liegenden Rheinufer.
Um den Raum besser auszunutzen und den fehlenden Wohnbedarf zu decken, hat der Kanton vor rund zehn Jahren die Testplanung für die Stadtrandentwicklung Ost vorgelegt. Visualisierungen mit etwa einem Dutzend hoher Wohnbauten schreckte die Basler Stimmbevölkerung ab, weshalb sie das Projekt ablehnte. Ende 2023 wurde ein zweiter Anlauf mit einer Ideenstudie durchgeführt, deren Resultate die Erstellung einer neuen S-Bahn-Station «Solitude» nahe dem Roche-Areal, die Vernetzung von Grünräumen und die Schaffung eines grünen Korridors zum Rhein waren.
Aufgrund der langfristig noch offenen Entwicklung dieses Stadtraums liegt der erste Fokus auf dem städtebaulichen Gefüge des Gebiets «Dreieck Rank». Hier befindet sich das Busdepot der Basler Verkehrs-Betriebe (BVB). Da die bestehende Busflotte vollständig durch Elektrobusse ersetzt wird, kann ein Teil der Parzelle für eine Drittnutzung freigegeben werden.
Maximale Ausnutzung
Im anonymen Projektwettbewerb für Generalplaner nach den Grundsätzen der SIA-Ordnung 142 für Wettbewerbe suchte der Kanton Basel-Stadt eine Lösung für ein Wohnhochhaus. Dabei stand die nachhaltige Immobilienentwicklung im Vordergrund. Es soll nicht nur preisgünstiger Wohnraum angeboten, sondern auch der Energiebedarf für Bau und Betrieb gering gehalten werden. Eine weitere Zielsetzung war die vertikale Ausdehnung der Nachbarschaft.
Um die kleine Parzelle an der Rankstrasse möglichst gut auszunutzen und ausreichend Wohnraum zu schaffen, gab es nur die Option einer starken Verdichtung in die Höhe. Trotz der auf den ersten Blick herausfordernden Lage kann die künftige Bewohnerschaft von der Nähe zu Erholungsgebieten wie dem Rhein, dem Sportzentrum Rankhof und den Freizeitgärten profitieren.
Das Projekt «Miranda» des Teams um das Zürcher Büro Studio DIA mit Haller Ingenieure und Hefti Hess Martignoni überzeugte und setzte sich gegen 14 Teams durch. Vorstudien hatten ergeben, dass sich eine Ausnutzung in der Grössenordnung von 15 000 m² Geschossfläche städtebaulich verträglich anordnen lässt. Der Wohnturm des Siegerprojekts übersteigt mit 88 m und das ursprünglich vom Kanton angedachte Mass bezüglich Ausnutzung und Volumen. Der Turm setzt einen starken Akzent zur Busgarage. Die beiden treten als Mischnutzung in Erscheinung und nicht als Verkehrshub mit Wohnbeilage. Zugleich lässt die selbstbewusste Form und Setzung eine weitere bauliche Entwicklung in diesem Raum zu.
Jurybericht und Pläne zum Wettbewerb finden Sie auf competitions.espazium.ch
Das Team schlägt keinen gleichförmigen Solitär vor, sondern setzt das Gebäude aus drei unterschiedlich gestalteten Volumen zusammen, die auf die Umgebung reagieren. So ist den Wohnungen, die sich zum Rhein orientieren, eine filigrane Balkonschicht über die gesamte Front vorgelagert. In den Wohnungsgrundrissen, deren Hauptfassade zum zukünftigen Garagenneubau im Norden liegt, ist eine Loggia integriert.
Noch differenzierter ist der Sockel gestaltet. Hier bestimmt die innere Nutzung die äussere Gestalt. Zur Grenzacherstrasse setzen vier markante Stützen in Kolossalordnung einen architektonischen Akzent. Die Fassade weicht aus der Flucht zurück und schafft einen überdachten Platz für eine Werkstatt oder einen Gemeinschaftsraum, in dem sich auch Menschen treffen können, die nicht im Wohnhaus leben. Die dreigeschossige Halle für Fahrräder ist auf der Rückseite offen gestaltet und wird von acht Stützen getragen. Daran schliesst eine grosszügige Wendeltreppe an, die zu den Terrassen der ersten beiden Geschosse führt. Hier sind Ateliers und Co-Working sowie Gästezimmer vorgesehen. Der Haupteingang befindet sich im Osten, betont durch einen baumbestandenen Vorplatz.
Drei mal drei
Zwischen den Baukörpern entsteht ein dreieckiger Binnenraum. An dessen Seiten liegen die vertikalen Erschliessungen und die Entrées der Wohnungen; diese können von den Bewohnerinnen und Bewohnern – mit Ausnahme der Kleinstwohnungen – flexibel angepasst werden. Im Herzen des Wohnturms sind je drei Geschosse durch ein Atrium mit eigener Piazza zu einer Einheit zusammengefasst.
In den Ecken öffnen sich Türen zu den zweigeschossigen Gemeinschaftsräumen oder zu den Waschküchen. Deren Verglasung ermöglicht die natürliche Belichtung der Kernzone. Die Jury lobt die innere Struktur vor allem, weil sie eine mannigfaltige, nachbarschaftsfördernde Wohnlandschaft erreichen, die langfristige Mietverhältnisse unterstützt; ein wesentlicher Faktor für preisgünstiges Wohnen.
Die Wohnungsgrundrisse der 126 Wohnungen variieren von Kleinst- über 3.5-Zimmer- bis hin zu Familienwohnungen. Den Wohnungen, die über dem Gemeinschaftsraum liegen, kann nach Bedarf ein Schaltzimmer zugeschlagen werden. Auch in Bezug auf die Nachhaltigkeitsaspekte überzeugt das Projekt: Durch den Einsatz von Vollholzelementen des hybriden Tragwerks ist eine Reduktion von CO²-Emissionen gewährleistet. Hinsichtlich der zu erwartenden Treibhausgasemissionen weist das Projekt im Quervergleich einen vorbildlichen Wert aus.
Akzent im «wilden Osten»
Der Wettbewerb ergab eine überraschend grosse Palette an unterschiedlichen Projektbeiträgen. Und doch haben nur die ersten beiden Ränge die Dreiecksform des Perimeters im Grundriss übernommen. Alle weiteren Projekte basieren auf rechteckigen Grundrissen, deren Fassadenabwicklung grösser ist als beim Siegerprojekt.
Im zweitplatzierten Projekt «Dazwischen» ist die Gestaltung der dreieckigen Grundfigur viel rigider. Der markante Turm setzt einen Akzent im Städtebau; besonders die Auflösung der Ecken als offene Winkel und die auf allen Seiten gleiche Gliederung in Sockel, Mittelpartie und Dachabschluss betont die Typologie des Solitärs. Die Grundrisse der mehrheitlich zweiseitig orientierten Wohneinheiten sind um ein zentrales Treppenhaus organisiert.
Viel differenzierter gibt sich das Siegerprojekt «Miranda». Durch die drei unterschiedlich gestalteten Fassaden schafft es das Projekt, dem bis anhin unspezifischen Ort, dem sogenannten wilden Osten von Basel, einen spezifischen Charakter zu geben. Mit der Genehmigung des Bebauungsplans durch den Grossen Rat kann frühestens Anfang 2026 gerechnet werden. Unter der Annahme einer Planungs- und Bewilligungsdauer von mindestens zwei Jahren wäre der frühestmögliche Baubeginn im Jahr 2028.
Projekte in der engeren Auswahl
1. Rang / 1. Preis: «Miranda»
Studio DIA, Zürich; Haller Ingenieure, Baar
2. Rang / 2. Preis: «Dazwischen»
Waldrap, Zürich; Lüchinger Meyer Partner, Zürich
3. Rang / 3. Preis: «Kubaki»
ARGE Burkard Meyer Architekten &
Scheibler Villard, Baden; Synaxis, Zürich
4. Rang / 4. Preis: «Kapla»
Esch Sintzel Architekten (ehemals), Zürich; Orangerie, Zollikon;
dsp Ingenieure + Planer, Uster
Fachjury
Beat Aeberhard, Architekt, Kantonsbaumeister Basel-Stadt (Vorsitz); Meinrad Morger, Architekt, Basel; Emanuela Ferrari, Bauingenieurin/Architektin, Chur; Yvonne Rudolf, Architektin, Zürich; Marius Hug, Architekt, Zürich (Ersatz)
Sachjury
Barbara Emmenegger, Soziologin, Zürich; Jonathan Koellreuter, Leiter Portfoliomanagement, Immobilien Basel-Stadt; Daniel Schütz, Programmleiter Bussystem 2027, Basler Verkehrs-Betriebe; Christina Bronowski, Leiterin Entwicklung, Immobilien Basel-Stadt (Ersatz); Gerold Perler, Leiter Wohnen, Städtebau & Architektur, Hochbau Basel-Stadt (Ersatz)
Auftraggeber
Einwohnergemeinde der Stadt Basel, vertreten durch das Finanzdepartement Basel-Stadt (Immobilien Basel-Stadt [Eigentümervertretung]) und Bau- und Verkehrsdepartement Basel-Stadt (Städtebau & Architektur, Hochbau [Bauherrenvertretung])
Verfahrensbegleitung
Planar, Zürich